16.07.2025
Das Influencer-Team des Landesamtes zur Bekämpfung der Finanzkriminalität in Nordrhein-Westfalen (LBF NRW) ist vorsätzlichen Steuerbetrügern in den sozialen Netzwerken auf der Spur. Das meldet das Finanzministerium des Landes. Derzeit werteten die Experten ein Datenpaket von mehreren großen Plattformen aus: Darin enthalten seien 6.000 Datensätze, die auf nicht versteuerte Gewinne mit Werbung, Abos und Co. hinweisen. Sie bezögen sich ausschließlich auf Influencer aus Nordrhein-Westfalen und umfassten ein strafrechtlich relevantes Steuervolumen in Höhe von rund 300 Millionen Euro.
"Nordrhein-Westfalen war das erste Land, das sich den Bereich des professionalisierten Steuerbetrugs mittels sozialer Medien strukturiert vorgeknöpft und Expertise in der Aufklärung aufgebaut hat", erklärt Stephanie Thien, Leiterin des LBF NRW. "Im Fokus unseres Influencer-Teams stehen ausdrücklich nicht junge Menschen, die ein paar Follower gesammelt und ein paar Cremes oder Kleider beworben haben." Das LBF NRW habe auch auf den sozialen Netzwerken die "großen Fische" im Visier. Bei den großen Social-Media-Profilen gebe es Akteure, die mit hoher krimineller Energie jegliche Steuerverpflichtung zu umgehen versuchten. "Es ist keine Seltenheit, dass eine Influencerin oder ein Influencer pro Monat mehrere zehntausend Euro verdient, aber nicht einmal eine Steuernummer hat", sagte Thien. Es gehe "um immense Steuerhinterziehung mit Wissen und Willen."
Die Ermittlungen seien für die Profis der Steuerfahndung aufwändig, so das Finanzministerium Nordrhein-Westfalen. Denn einen festen Arbeitsplatz gebe es nicht. Oftmals meldeten sich die Content-Creators mit steigenden Umsätzen ins Ausland ab, um dem Finanzamt zu entgehen. Zudem seien die digitalen Wege zum Geld vielfältig: Vergütung für Klicks, Verkäufe, Werbekooperationen, Abo-Zahlungen, Trinkgelder für persönliche Fotos – neue Konzepte keimten ständig auf. Insbesondere bei Werbung, die nur temporär sichtbar ist und nach 24 Stunden gelöscht wird, sei die Beweisführung schwierig. Auch hier sei Nordrhein-Westfalen vorangegangen und habe Ermittlungsmethoden initiiert, um Werbepartnerschaften und -einnahmen zurückverfolgen und beweissicher nachweisen zu können. Andere Länder hätten sich das inzwischen zum Vorbild genommen und die in Nordrhein-Westfalen entwickelten Methoden ebenfalls implementiert.
Die Ermittlungen seien für das Influencer-Team aus der Regionalabteilung Rheinland-Süd des LBF NRW (Standorte in Köln und Bonn) herausfordernd und benötigten das gesamte kriminalistische Gespür der Fahnder. Regelmäßig verlagerten Influencer ihren offiziellen Wohnsitz an bekannte Briefkastenadressen beispielsweise in Dubai. Nur durch fortwährende lückenlose Analysen der Social-Media-Aktivitäten könne dann der tatsächliche Wohnort in Nordrhein-Westfalen ermittelt und nachgewiesen werden. In der Folge könnten dann Durchsuchungsbeschlüsse und auch Haftbefehle erwirkt werden. "Die meisten unserer Verdächtigen können die Steuerschuld rasch begleichen, ausreichend Vermögen ist in der Regel vorhanden", so Thien. Allerdings zeige sich der Vorsatz, mit dem die Social-Media-Steuerbetrüger agieren, auch in einem überproportional hohen Anteil von Wiederholungstätern.
Das Influencer-Team des LBF NRW führe derzeit rund 200 laufende Strafverfahren gegen in Nordrhein-Westfalen lebende Influencer – die Fälle aus dem aktuellen Datenpaket noch nicht eingerechnet. Durchschnittlich gehe es um einen hohen fünfstelligen steuerlichen Fehlbetrag, in Einzelfällen auch um Fehlbeträge in Millionenhöhe.
Das LBF NRW bündelt seit dem 01.01.2025 die gesamte nordrhein-westfälische Steuerfahndung mit rund 1.200 Experten auf dem Gebiet der Bekämpfung von Steuerbetrug, Geldwäsche und Cybercrime. Laut Finanzministerium des Landes ist es die erste Landesbehörde dieser Art in der Bundesrepublik.
Finanzministerium Nordrhein-Westfalen, PM vom 15.07.2025