Zurück

26.04.2024

Bürgergeld: Jobcenter darf Geldgeschenk für Pilgerreise anrechnen

Ein beträchtliches Geldgeschenk darf auf das Bürgergeld angerechnet werden – auch, wenn das Geld für eine Pilgerreise zugewendet wurde. Dies hat das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg entschieden.

Eine Familie, die Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II (heute: Bürgergeld) bezog, hatte sich um eine Nachbarin gekümmert. Zum Dank schenkte die ältere Dame der Familie 65.250 Euro, damit diese eine lang ersehnte Pilgerreise nach Mekka unternehmen könne. Dem Jobcenter gegenüber ließ die Familie die Schenkung unerwähnt. Als dieses schließlich davon erfuhr, nahm es alle Leistungsbewilligungen für die Zeit nach der Schenkung zurück und forderte die Familie auf, erfolgte Hilfeleistungen in Höhe von rund 22.600 Euro zurückzuzahlen.

Die Familie wandte ein, es habe sich um eine zweckgebundene Schenkung gehandelt. Das Geld habe sie bestimmungsgemäß für eine Reise nach Mekka verwendet. Belege habe sie dafür allerdings nicht: Alles sei, wie es der Üblichkeit entspreche, in bar ohne Quittung bezahlt worden.

Sozialgericht und LSG bestätigten die Rücknahme- und Erstattungsbescheide des Jobcenters. Die Familie sei im streitigen Zeitraum wegen des ihr zugewandten Geldes nicht hilfebedürftig gewesen. Es sei nicht grob unbillig, dass die Schenkung angerechnet werde. Bezieher von Bürgergeld seien grundsätzlich verpflichtet, im Rahmen der Selbsthilfe jegliche Einnahmen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts zu verwenden.

Zwar könne es anders liegen, wenn – wie hier – eine Geldzuwendung mit einem objektivierbaren Zweck verknüpft sei, dessen Verwirklichung durch die Berücksichtigung bei der Berechnung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vereitelt würde. Auch solche Geldzuwendungen seien aber nicht in unbegrenzter Höhe privilegiert. Obergrenze seien die geltenden Vermögensfreibeträge, die im damaligen Zeitraum für die Familie 16.500 Euro betragen hätten. Der Restbetrag in Höhe von 48.750 Euro reiche zur Bedarfsdeckung aus.

Dass die Familie das Geld bereits verbraucht habe, glaubte das LSG ihr nicht. Es widerspreche der Lebenserfahrung, eine Flugreise mit Kosten von mehr als 5.000 Euro in bar zu bezahlen. Auch fehlten jegliche Angaben zum Zeitpunkt der Reise, die neben Flugtickets und Belegen über Hotelübernachtungen zum Beispiel auch durch Ein- und Ausreisestempel im Reisepass belegbar wären.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das LSG hat die Revision nicht zugelassen. Die unterlegene Familie kann beim Bundessozialgericht die Zulassung der Revision beantragen.

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24.04.2024, L 18 AS 684/22, nicht rechtskräftig